• Die beste Vorleserin des Johanneums steht fest

Ausgerechnet mit der detaillierten Schilderung einer Beerdigung las sie sich zum Sieg: Liv M. aus der 6c machte am 10. Dezember 2024 beim Schulentscheid im Vorlesewettbewerb der 6. Klassen den ersten Platz. Doch so traurig, wie das Thema zunächst klingt, war es gar nicht, denn nach und nach enthüllte uns Liv, dass es sich bei der verstorbenen und sehr betrauerten Betty Lou um eine fleischfressende Pflanze handelte, die ihre Heldin „Anastasia McCrumpet“ auf dem Komposthaufen zur ewigen Ruhe bettete.
Liv hat nun also gesiegt und darf das Johanneum im kommenden Frühjahr beim Regionalentscheid vertreten. Doch das Rennen um diesen Sieg war denkbar knapp, denn angetreten waren ja acht Jungen und Mädchen, die in ihrer eigenen Klasse schon zu Kassensiegern gekürt worden waren und das Vorlesen nachgewiesenermaßen sehr gut beherrschten – also alles echte „Siegertypen“.

Und so ging es im Schulentscheid, der traditionell nur in diesem ganz kleinen Kreis vor einer dreiköpfigen Jury ausgetragen wird, hoch her: Manchmal lustig wie in „Madita“ von Astrid Lindgren oder in „Kein Plan von nix“ aus der Reihe Gregs Tagebuch, vorgestellt von Ida beziehungsweise Ferdinand.
Szenen wie die, in denen Maditas kleine Schwester steif und fest behauptet, nicht sie habe die Katze am Schwanz gezogen, sie habe sie nur am Schwanz festgehalten und die Katze habe dann selbst daran gezogen, und die, in der Greg sich lebhaft vorstellt, Gehirn und Körper voneinander trennen zu können, sodass das Gehirn dann täglich zur Schule gehen könne, während der Körper mache, wozu man gerade Lust habe, sorgten für Lacher beim kleinen, aber feinen Publikum.
Manchmal stand hingegen die Spannung im Vordergrund, zum Beispiel bei Karlas Beitrag, in dem sich „Percy Jackson“ und seine Freunde in Crustys Wasserbettenpalast verstecken wollen und dabei von dem fiesen Crusty (dem ein oder anderen Johanniter vielleicht eher unter seinem vollen Namen Prokrustes bekannt) gefesselt und fast getötet werden. Andere gefährliche Szenen kamen aus zwei Klassikern der Kinderbuchliteratur: Charlotte hatte sich eine Kampfzene aus Astrid Lindgrens „Die Brüder Löwenherz“ ausgesucht und Jonathan eine große Prügelei zwischen Realschülern und Gymnasiasten aus Erich Kästners „Das fliegende Klassenzimmer“.
Um die Sorgen und Nöte von Jugendlichen ging es bei Josefines Passage aus „Socke und Sophie“ von Juli Zeh, in der sich die Titelheldin nur auf dem Reiterhof so richtig wohl fühlt, und – schon im Titel scheint die Pubertät durch - in „Ihr mich auch“ von Pia Herzog, das sich Franziska ausgesucht hatte. Hier muss sich die Ich-Erzählerin Lou irgendwie mit der fürchterlich schwierigen Tochter des Arbeitgebers ihrer Mutter anfreunden, nicht leicht, wenn diese ständig mit Dingen um sich wirft und allen das Leben zur Hölle macht.
Anfreunden konnten sich die Zuhörer mit allen Darbietungen, nein, mehr als das: Jeder Vorleser und jede Vorleserin wurde mit einem spontanen und ehrlichen Applaus bedacht. Der Jury fiel es deshalb besonders schwer, die Entscheidung zu fällen, und so ließ sie im Finale noch einmal die drei Kandidatinnen Karla, Charlotte und Liv mit einem unbekannten Text gegeneinander antreten, nämlich den ersten Seiten aus Saša Stanišićs Jugendroman „Wolf“.
Den gab es dann auch als Preis für die Siegerin und für alle anderen als Trostpflaster ein Minigeschenk in schokoladiger Umhüllung. Fürs Foto unter Wandgemälden mit den literarischen Helden posierten alle begeistert. „Ist doch echt eine Ehre“, meinte Ferdinand und biss vergnügt in sein Überraschungsei.

Liv