"Der getreue Music-Meister", Telemanns ab 1728 in Hamburg publizierte Zeitschrift für das häusliche Musizieren, belohnte seinen treuen Leser mit Arien bejubelter Gänsemarkt-Opern, mit Fantasien und Cantaten, ja mit ganzen Suiten zum Bestseller "Gullivers Reisen", aber eben nur den treuen ... Denn Telemann machte sich in unnachahmlicher Weise das Fortsetzungsprinzip als Marketing-Strategie für seinen Hamburger Noten-Verlag zunutze. Er war, wie Professor Bernhard Jahn, Germanist und Musikwissenschaftler der Universität Hamburg, am 8. Juni im Forum Johanneum vorstellte, ein Meister im Einsatz des Cliffhangers.
Und das wusste er, wovon unser Gastredner äußerst unterhaltsam an Notentext und Musikbeispiel überzeugen konnte, mit seinem unnachahmlichen Witz als eines großen und kosmopolitischen Musikers zu verbinden. Prof. Jahn machte den Kenner wie Laien in seinem Publikum dies sehend und hörend. "Man muss eigentlich immer mit Noten ins Konzert gehen oder am besten gleich mit Ihnen", resümierte Frau Hose.
Im Forum Johanneum ließ Prof. Jahn sein Publikum einen Telemannschen Cliffhanger den Zeitschriftenlesern des 18. Jh. nachempfinden:
Hatte der Musikliebhaber in einer Ausgabe seines "musicalischen Journals" die witzige Umsetzung von Gullivers Aufenthalt bei den Liliputanern in einer Chaconne mit 128stel-Noten, ja sogar 264stel-Noten genossen, war er - so Telemanns Kalkül - neugierig auf dessen Umsetzung des Aufenthalts bei den Riesen. Und die gab es dann zwei Wochen später im nächsten Heft konsequent komisch mit einer Gigue mit gewaltig 'großen' Noten. Im gleichen Heft - und auch das wollte man sich nicht entgehen lassen - erfuhr Telemanns Leser eventuell auch die Auflösung des letzten Kanon-Rätsels, welches am Ende jeder Aussage vergnügte (insbesondere wenn sich um eine Einsendung eines gewissen Bach aus Leipzig handelte). Neben der Unterhaltung verschrieb sich Telemann außerdem der Didaktik und dem harmonischen Gottesdienst in seiner Zeitschrift, um einen möglichst großen Leserkreis unter den Dilettanten zu erreichen. Berufs- und Hofmusiker konnten sich für Telemanns Drucke anspruchsvollerer Noten auf eine Suskribentenliste setzen lassen. Mit solcher Geschäftspraktik, Adressatennähe und insbesondere seinem originellen Witz als Musiker erreichte Telemann in seiner Zeit als Verleger gute 300er-Auflagen pro Notendruck, mit welchen er mit den Verlagen in Paris und London damaliger Zeit mithalten konnte. Zum reichen Mann machte der Erfolg als Verleger und Musiker, der ihm knapp 3000 Reichstaler im Jahr einbrachte, Telemann aber trotzdem nicht: Bis er in einem Brief erleichtert konstatieren konnte "Die Frau ist von mir weg, und die Verschwendung aus" mussten Schuldenberge von zwei Jahresgehältern abgetragen werden. Aber Telemann war und blieb guter Geschäftsmann und wusste nach Aufgabe seines Verlages und dem Zusammenbruch der Hamburger Oper auch nach 1740 eine Marktlücke zu schließen: Er organisierte Konzertreihen. Dies dürfte sicher ein ebenso spannendes Thema zu Telemann sein und vielleicht das nächste Vortragsthema Prof. Jahns, den wir immer wieder gern im Forum hören! Danke.