Dr. Ulf-Dieter Klemm liest aus „Das Leben im Grabe“.
Dr. Ulf-Dieter Klemm liest aus „Das Leben im Grabe“.

Den Auftakt mit den diesjährigen Forum Johanneums-Veranstaltungen machte am 23. Februar 2017 der Botschafter a.D. und Übersetzer Dr. Ulf-Dieter Klemm mit der Buchvorstellung des neugriechischen Klassikers von 1924 „Das Leben im Grabe“ (Η ζωή εν τάφω) von Stratis Myrivilis. Der Roman beschreibt das monotone Leben und die Brutalität der Kämpfe in den Schützengraben des Ersten Weltkrieges aus der Sicht des (fiktiven) Feldwebels Antonis Kostoulas in Form von Briefen an seine auf Lesbos lebende Verlobte.

Herr Dr. Klemm las dem Publikum sechs der insgesamt 57 Briefe vor. Die Briefform und die eingängige Sprache des Romans zogen die Zuhörer sogleich in ihren Bann und ließen sie am Schicksal des jungen Feldwebels unmittelbar teilhaben: So litten die Zuhörer mit ihm unter den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Soldaten in dem Schützengraben, teilten seine Erschütterung bei der Beschreibung eines Gasangriffs und empfanden die Sehnsucht nach einem normalen Leben auf Lesbos mit derselben Schmerzhaftigkeit. Dass sie dabei die ganze Zeit über wussten – dies erfährt der Leser nämlich gleich zu Beginn des Romans –, dass der junge Feldwebel den Krieg nicht überleben würde, steigerte die Intensität der Wirkung der Lesung noch. Ein großartiger Roman, großartig von Herrn Dr. Klemm übersetzt und gelesen! Herr Dr. Klemm hatte nicht übertrieben, als er einleitend sagte, der Roman von Myrivilis stehe in seiner literarischen Qualität auf einer Stufe mit Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“.

Die historische Bibliotheca Johannei bot für die Buchvorstellung zudem den passenden Rahmen: Waren die kleine Gruppe der Zuhörer und der Referent dort doch umringt von Klassikern der Weltliteratur und dem Schularchiv, das u.a. viele eindrucksvolle Dokumente zur Geschichte der Schule und Schicksalen von Lehrern und Schülern im Ersten Weltkrieg enthält, die Anfang 2015 in einer von Schülern erarbeiteten Ausstellung präsentiert worden waren.

Es wäre dem Roman zu wünschen, dass er auch außerhalb Griechenlands mehr Menschen bekannt würde. Herr Dr. Klemm, der nicht nur ein hervorragender Übersetzer, sondern auch sehr guter Kenner Griechenlands ist – er legte an der Deutschen Schule Athen sein Abitur ab und war einige Jahre Kulturreferent an der Deutschen Botschaft in Athen –, hat mit seiner nun überarbeiteten Übersetzung dafür die Voraussetzung geschaffen.

Initiiert hatte die Buchvorstellung im Übrigen die Deutsch-griechische Gesellschaft, der an dieser Stelle herzlich für ihr Engagement gedankt sei. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit der Gesellschaft!

Foto: Gerd Hachmann