Am 6. April feierte das Johanneum mit der Londoner Latymer Upper School das 70jährige Bestehen ihres deutsch-englischen Schüleraustausches und das 40jährige Bestehen eines solchen mit der Partnerschule Godolphin and Latymer School für Mädchen.
Im Sommer 1948 reisten erstmals fünf Jungen der 10. Klasse aus Hamburg-Winterhude nach London Hammersmith und begründeten damit den längsten seit dem 2. Weltkrieg ohne Unterbrechung bestehenden Schüleraustausch zwischen einer deutschen und einer englischen Schule. Dass sich im regelmäßigen Austausch – seit 1978 auch mit der Mädchenschule Godolphin and Latymer - viele Freundschaften zwischen Lehrern und Schülern entwickelt haben und der Austausch zum festen Bestandteil des gelebten Humanismus der drei Schulen gehört, bezeichnete Wilkinson, ehemaliger Schulleiter der Latymer Upper School und Initiator des Austausches, später als „one of the greatest events of my life“. Einen solchen stellt der Austausch bis heute für alle teilnehmenden Schülerinnen und Schüler dar. Viele ehemalige Mitreisende haben deshalb neben den 50 Austauschschülerinnen und -schülern dieses Schuljahres am englischsprachigen Festakt und Empfang zum Jubiläum teilgenommen, darunter 10 deutsche und englische ehemalige Austauschschüler aus den ersten Jahren von 1948-1952. Dr. Arnold Sieveking und Anthony Bickbell ließen die Festgesellschaft sogar an ihren ganz persönlichen Erfahrungen der deutsch-englischen Freundschaft aus dem Jahr 1952 teilhaben. Als Ehrengäste in der Aula begrüßte die Schulleiterin Inken Hose außerdem die Schulleiter der Londoner Schulen David Goodhew (Latymer Upper) und Dr. Frances Ramsey (Godolphin and Latymer) und den Staatsrat der Behörde für Schule und Berufsbildung Rainer Schulz, die beim Festakt zum „great event“ gesprochen haben.
Dass Schüler drei Jahre nach dem Krieg überhaupt zu einer Reise aufbrachen, war 1948 schon einzigartig, dass die Reise zum ehemaligen Kriegsgegner England ging, aber eine kleine Sensation. „Persons matter much more than politics“, war die Überzeugung, aus der heraus Frederick Wilkinson den Austausch initiierte. David Goodhew erinnerte an die ganz persönlichen Motive des damaligen Headmasters der 1624 gegründeten Traditionsschule Latymer Upper School für Jungen, nach dem Krieg in einem Brief an Hans Wegener, den damaligen Schulleiter der Humanistischen Gelehrtenschule von 1529, zur Reise einzuladen. Noch persönlichere Einblicke in die Gedanken Wilkinsons bot dem Publikum die szenische Darbietung seiner Briefe an Jens Plaß durch Finley (9c): Plaß war seit seiner Teilnahme am Austausch 1950 mit dem Schulleiter freundschaftlich verbunden; seine Witwe Gerda Plaß stellte dankenswerterweise die Dokumente zur Verfügung. Sie wurden lanciert von drei kleinen Szenen, die Frau Radtke mit Lilly, Franziska, Antonin und Finley (9 a/c/d) zu "An Experiment in friendship" erarbeitet hat. Den Wert des alten Ideals des Austauschbegründers auch oder gerade in unserer neuen Gegenwart eines zerfallenden Europa betonten alle Redner, insbesondere die drei Schulleiter der jubilierenden Schulen bestätigten sich gegenseitig ihre tiefe Verbundenheit im gemeinsam weitergetragenen und weitergelebten Ideal von Verständigung, Versöhnung und Frieden. Mittlerweile sind es auf deutscher und englischer Seite je 20 - 25 Schülerinnen und Schüler der Klasse 9, die sich im Herbst und Frühjahr jedes Schuljahres gegenseitig besuchen. Zum ganz besonderen Erlebnis wird die Völkerverständigung für viele beim im dreijährigen Rhythmus stattfindenden Orchesteraustausch zwischen den Partnerschulen, dessen Höhepunkt ein gemeinsames Konzert ist. "With a little help from my friends", wie der A-Chor unter Herrn Willenbrock u.a. vortrug, wird der Austausch weitere viele Jahre bestehen. Und zum 75. Jubiläum, so versprach David Goodhew als Dank für die englischsprachige Veranstaltung, werde es für die "young and less young" Gesellschaft einen deutschsprachigen Festakt in London geben - obwohl gerade diese Fremdsprache nicht zu seinen vier fließend gesprochenen gehöre. So 'göttlich' wie dieser Feiertag kann es aber kaum werden, wurden doch die Festgäste mit den Popgöttern aus der Aula entlassen - das A-Orchester präsentierte unter Herrn Grohmann einen Medley der Rolling Stones - und in der Ehrenhalle von den antiken griechisch-römischen Göttern empfangen, die die 5e für dieses Ereignis polyglott vom Olymp herabsteigen ließ. Und ganz im Sinne des Erfinders kümmerten sich kulinarisch um unsere Freunde unsere Philoi. Vielen Dank für diesen besonderen Festtag allen Mitwirkenden!