Die Antike ist neben der Bibel die Grundlage der europäischen Identität. Im Griechisch- und Lateinunterricht werden die Schülerinnen und Schüler in die Gedankenwelt der Antike eingeführt. Je mehr wir von den Anfängen wissen, um so besser verstehen wir die Gegenwart und uns selbst. In den Texten der Antike begegnen die Schülerinnen und Schüler überzeitlichen Grundfragen der menschlichen Existenz, zugleich aber auch viel Exotischem. Bei der Lektüre treten sie in einen lebendigen Dialog mit der europäischen Kultur ein.
Eine gründliche Beschäftigung mit der Antike setzt voraus, dass die alten Sprachen gelernt werden. Zum einen sollen die Schülerinnen und Schüler im Stande sein, die Texte im Original zu lesen. Zum anderen lernen sie in den alten Sprachen in sich abgeschlossene Systeme kennen, an denen sie modellhaft beobachten können, wie Sprache funktioniert. Der altsprachliche Unterricht steht nicht in Konkurrenz zu den modernen Sprachen. Vielmehr ergibt sich eine sinnvolle Arbeitsteilung: in den neusprachlichen Fächern handlungs- und anwendungsbezogener, in den altsprachlichen Fächern reflektierender Spracherwerb; dort: Kommunikationsfähigkeit, hier: Übersetzen ins Deutsche; dort: fortschreitende Lektüre, hier: vorwiegend genaue Textanalyse.
Der altsprachliche Unterricht vermittelt Einsicht in den Bau der Muttersprache, weil das möglichst genaue Übersetzen den Vergleich zwischen Wortschatz und Syntax der alten und der eigenen Sprache herausfordert. Die Schülerinnen und Schüler erwerben dabei ein Gefühl für angemessenen Stil und treffsicheren Ausdruck. Die Erfahrungen aus dem altsprachlichen Unterricht sind eine große Hilfe beim Erlernen weiterer Sprachen. Nicht nur, dass Latein Basis für alle romanischen Sprachen (z. B. Italienisch, Französisch, Spanisch) ist; überall tragen die Kenntnisse vom Aufbau einer Sprache zu einem raschen Erfassen der jeweiligen Besonderheiten bei. Dazu gehört auch das Erkennen und Klassifizieren sprachlicher Erscheinungen. Diese Übungen sind ein Grundstein der Studierfähigkeit.
In Latein steht zuerst der Erwerb der sprachlichen Kenntnisse im Vordergrund, dann folgt die Lektüre klassischer Autoren wie Cicero und Ovid und mittelalterlicher Texte bis hin zur Renaissance. Der Griechischunterricht kann zügiger zur Lektüre kommen: Bei Texten von Platon, Homer, Sophokles oder Thukydides handelt es sich jeweils um einen europäischen Prototypen der Philosophie, Poesie und Historie. Schon die Römer haben daraus gelernt. Bei ihnen kann man sehen, wie man sich die Schätze der Griechen so aneignen kann, dass daraus eine eigene Kultur wird.
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