„Papa, was würdest du sagen, wenn ich jemanden heiraten will, den du nicht leiden kannst?“ Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: „Nein!“ kommt es wie aus der Pistole geschossen und sorgt für Schmunzeln im Publikum, auch als der Vater dann nach einer kleinen Pause nachschiebt: „Ich würde dir dann natürlich auch erklären, warum ich dagegen bin.“
Kleine Interviews wie diese, von den Darstellerinnen mit ihren eigenen Vätern geführt, bildeten den originellen, witzigen, manchmal auch nachdenklichen Rahmen für eine ganz eigene Inszenierung der Theater AG der Mittelstufe unter der Leitung von Katharina Cordes. Unter dem Titel „Töchter“ haben sie sich berühmten Vater-Töchter-Gespannen gewidmet und die Konflikte zwischen Vätern und ihren – meist gar nicht mehr kleinen – Mädchen kurzweilig auf die Bühne gebracht.
Da ging es beispielsweise um Julia, die ihren Vater fassungslos und wütend macht, weil sie an ihrem Romeo festhält, anstatt den vom Vater ausgesuchten Mann zu heiraten. Und es ging um Astrid Lindgrens Ronja, die irgendwann entdeckt, dass ihr Vater ein Räuber ist und die einen solchen Beruf einfach nicht akzeptieren will, um Madonna, die ihren Vater anfleht: „Papa, don’t preach!“, als sie ihm ihre Schwangerschaft gesteht – was ihn wiederum nicht davon abhält, sich wegen ihres Fehltritts von ihr abzuwenden. Aber auch Antigone kam zu Wort, Prinzessin Leia aus Star Wars und Merry aus dem Roman „Ein amerikanisches Idyll“ von Philip Roth, die sich zu einer Terroristin entwickelt und ihren Vater daher zwingt, sein Leben und die Werte, an die er glaubt, zu hinterfragen.
All diese Episoden einte, dass starke Töchter sich an ihren ebenso starken Vätern maßen. Etwas anders und weit weniger konfliktbelastet waren dann die Hörstücke aus dem realen Leben der jungen Schauspielerinnen. Fragen wie „Papa, was arbeitest du eigentlich genau?“ führten nicht zur Eskalation wie im Fall von Ronja Räubertochter. Ein Thema wie „Wann soll ich von zuhause ausziehen?“ gab Anlass zu einem Vater-Tochter-Dialog auf Augenhöhe und nicht zu einem wütenden Rauswurf.
Dennoch klang in den Interviewausschnitten auch die Stärke der Töchter an, mindestens dann, wenn sie fragten: „Papa, ist es eigentlich anstrengend, eine Tochter zu haben?“ Einhellige Meinung der befragten Väter: „Eigentlich nicht, außer beim Kleidungskauf!“ Einer schob noch hinterher: Anstrengend sei es nur, wenn die Tochter ganz lange und hartnäckig mit einem Wunsch nerve, bis sie endlich ihren Willen durchsetze. Was die Mitglieder der Theater AG dann als Steilvorlage nutzten für eine herrlich selbstironische Theaterszene: Die durchschnittliche deutsche Tochter, gleich vierfach auf die Bühne gebracht, die mit einer Mischung aus Betteln, Flehen, Jammern, Schimpfen um ihre Wünsche kämpft. Ihr Chor gipfelte in einem langgezogenen „Papiiiiiiii, biiiiiiiitteeeeeeeeee!“. Das kam dem begeisterten Publikum wohl recht vertraut vor, jedenfalls gab es viel und fröhlichen Applaus, nicht nur für die Töchter, sondern auch ganz besonders für die drei männlichen Darsteller, die die verschiedenen Väterrollen ganz wunderbar zum Leben erweckten.
Fotos: Gerd Hachmann