Ralph Giordano wurde am 20. März 1923 in Hamburg geboren. Er besuchte das Johanneum von 1933 bis 1940 und beendete seine Schullaufbahn als Obersekundaner.
Da seine Mutter Jüdin war, fiel seine Familie unter die Rassengesetze des NS-Regimes. Giordano schreibt über seine Schulzeit: „1933 gab es auf dem Johanneum einen beträchtlichen Teil von Schülern, die nach der Rassenarithmetik der Nazis plötzlich zu ‚Nichtariern‘ erklärt wurden, und zwar sowohl ‚Volljuden‘ als auch ‚jüdische Mischlinge 1. Grades‘, worunter ich fiel, weil ich zwar einen ‚arischen‘ Vater, jedoch eine jüdische Mutter hatte. Ich habe auf dem Johanneum Antisemitismus (wenn wir diesen Begriff als Synonym für Rassismus nehmen) von mehreren Seiten erfahren.“
In den letzten Monaten vor der Befreiung durch die Engländer musste Ralph Giordano mit seiner Familie in der Illegalität leben. Ab 1946 arbeitete er als Journalist und Fernsehdokumentarist. Später begann er mit Erfolg Bücher zu schreiben. Sein bekanntestes Werk sind „Die Bertinis“ (Erscheinungsjahr 1982), das u.a. am Johanneum spielt, wo auch die entsprechende Sequenzen verfilmt wurden. Der Fünfteiler „Die Bertinis“ wurde im November 1988 vom ZDF ausgestrahlt.
Giordano hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie die bundesdeutsche Gesellschaft mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit umging. Er ist einer der Hauptvertreter der Verdrängungsthese, der zufolge die Aufarbeitung der Vergangenheit unterblieben sei. Nach 1945 hätten die Deutschen eine „zweite Schuld“ auf sich geladen, die im Abstreiten der ersten bestehe. Bis heute würden „Unbelehrbarkeit, Verdrängung und Verleugnung“ dominieren; der „Verlust der humanen Orientierung“ sei dauerhaft. Giordano zieht daher eine durchgehende Linie vom Holocaust bis zur Ausländerfeindschaft der Gegenwart. Zuletzt erschienen von ihm die "Erinnerungen eines Davongekommenen".
Ralph Giordano verstarb am 10. Dezember 2014 in Köln.
Foto: Gerd Hachmann